Interview mit Annetraud Grote

Eine Frau lächelt in die Kamera. Sie trägt einen grünen Blazer und hat kurzes, dunkelblondes Haar.

Niedersächsische Staatskanzlei

Liebe Frau Grote, vielen Dank, dass Sie uns noch vor Beginn Ihrer neuen Tätigkeit als Behindertenbeauftragte für ein Gespräch zur Verfügung stehen!
Mit welchem Gefühl starten Sie in die neue Aufgabe?

Mit einem sehr guten Gefühl und voller Vorfreude! Ich bin gespannt auf die Vielfalt der Tätigkeiten und Themen. Es ist für mich eine tolle Herausforderung und Verwirklichung eines Herzensanliegens, ab dem 1. März 2024 die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen von Niedersachsen sein zu dürfen.

Das engagierte und motivierte Team der Stabstelle, welches ich schon in den letzten Monaten kennenlernen durfte, und welches die Arbeit der niedersächsischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen in der Abwesenheits- und Vakanzzeit sehr gut weiter vorangetrieben hat, wird mich in den nächsten Wochen bei der Einarbeitung in die vielfältigen Aufgaben unterstützen.

Auf der Inklusionskonferenz am 6. Dezember 2023 hatte ich bereits die Gelegenheit, viele Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner aus dem breiten Netzwerk für Inklusion in Niedersachsen kennenzulernen. Dass ich mich auf der Konferenz bereits auf der Bühne und vielen Menschen mit und ohne Behinderungen vorstellen durfte, wird den Beginn meines Amtes erleichtern.

Ich werde mit einem großen Netzwerk kooperieren. Ich bin neugierig darauf, mit den vielen Verbänden, der Selbsthilfe, den Interessen- und Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderungen, der Politik, den Ressorts, der Verwaltung, der Wissenschaft und mit vielen weiteren Akteurinnen und Akteuren zusammenzuarbeiten. Und das gut und erfolgreich. Hilfreich dabei ist mein bundesweites Netzwerk mit Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Universitäten und Selbsthilfeverbänden.

Gern möchte ich die Aufgaben aus der Stellenausschreibung, die im Niedersächsische Behindertengleichstellungsgesetz normiert sind, optimal mit Leben füllen. Ich bin motiviert, viel in Niedersachsen zu bewegen. Dabei ist es mir immer wichtig, etwaigen Herausforderungen lösungsorientiert, pragmatisch und optimistisch entgegenzutreten.

Großen Respekt habe ich vor der Fülle der Aufgaben. Mein Anspruch ist es, den unterschiedlichen Interessen von Menschen mit und ohne Behinderungen, denen ich begegnen werde, gerecht zu werden.

Mein Wunsch ist es, bei allen Akteurinnen und Akteuren, mit denen ich Kontakt haben werde, das Bewusstsein zu schaffen oder zu schärfen, dass das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) ein festgeschriebenes Menschenrecht ist.

Es würde uns freuen, wenn Sie sich unseren Mitgliedern einmal kurz vorstellen könnten, um Sie etwas besser kennenzulernen.

Das mache ich gern. Von der Ausbildung her bin ich Juristin mit zwei Staatsexamen und einer langjährigen Berufserfahrung in einer Bundesbehörde, dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Im Institutsleben hat das Thema Inklusion immer eine wichtige Rolle gespielt.

Wenn man mich ein wenig näher kennenlernt, wird deutlich, dass die Charakterzüge Lebensfreude und Hartnäckigkeit bei der Gestaltung meines Lebens wichtig sind. Dabei ist der Elektrorollstuhl ein unverzichtbares Hilfsmittel für mich.

Und wenn man mich noch besser kennt, so weiß man, dass ich mit Niedersachsen sehr verbunden bin. Geboren und aufgewachsen in der Nähe von Lüneburg, bin ich – über mein Elternhaus, meine Familie und einen Teil meines Freundeskreises – meiner Heimat stets verbunden geblieben. Immer war es daher ein großer Wunsch von mir, nach Niedersachsen zurückzukehren.

In Lüneburg ging ich zur Schule. Obwohl es den Begriff „Inklusion“ in diesem Kontext noch gar nicht gab, kann ich trotzdem sagen: Ich wurde inklusiv beschult. Auf dem Gymnasium wurde mir keine „besondere Rolle“ zugewiesen und geholfen hat mir sehr, dass viele das Motto „geht nicht, gibt es nicht“ schon damals lebten. Ich war einfach immer mittendrin in der Klassengemeinschaft und im Schulleben.

Meine Studien- und Referendarzeit verbrachte ich in Marburg. Diese Zeit, u. a. auch das Leben im Studentenwohnheim für behinderte und nichtbehinderte Studierende, bedeutet mir bis heute sehr viel. Jahrzehntelange bis heute währende Freundschaften sind während dieser Jahre entstanden.

Im PEI, das zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit zählt, habe ich mich seit 1998 als Juristin nicht nur mit verwaltungs- und personalrechtlichen Aufgaben befasst, sondern durchgängig vor allem im Rahmen von wissenschaftlich begleiteten Projekten für Inklusionsthemen engagiert. Ich arbeitete 26 Jahre lang beim PEI, die längste Zeit im Bereich Personal. Darüber hinaus war ich zusätzlich 12 Jahre lang Schwerbehindertenvertreterin und 14 Jahre Inklusionsbeauftragte. Daneben hatte ich viele Jahre lang die Funktion der BEM-Beauftragten (betriebliches Eingliederungsmanagement) inne. In diesen Funktionen brachte ich viele Inklusionsprojekte bezogen auf den Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen mit auf den Weg. Bereichert hat mich besonders die Koordination von Inklusionsprojekten von der Planung bis hin zur Evaluation und die Kommunikation mit Menschen aus verschiedensten Bereichen – lokal, auf Bundes-, Landes- und EU-Ebene.

So leitete ich beispielsweise stellvertretend ein europäisches „EQUAL“-Projekt („Vieles ist möglich - Tandempartner in der Wissenschaft“) in der Zeit von 2005 bis 2008, ein Projekt des PEI und externen Partnerinnen und Partnern anderer Behörden, Universitäten, Unternehmen und Selbsthilfeverbänden, zur Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das berufsqualifizierende Projekt „ProBAs“ (Projekt für Bachelorabsolventinnen und -absolventen mit und ohne Behinderungen) aus den Jahren 2010 bis 2012 für Bachelorabsolventinnen und -absolventen mit und ohne Behinderungen hat deutschlandweit Beachtung gefunden. Als Projektkoordinatorin managte ich das Inklusionsprojekt „InkA“ (Inklusion für Auszubildende mit und ohne Behinderungen) für Auszubildende mit und ohne Behinderungen, ein Projekt des UnternehmensForums e. V. in den Jahren 2013 bis 2018.

Ich arbeite seit zwanzig Jahren als Referentin zu Themen wie zum SGB IX und zur „Inklusion in das Arbeitsleben“, moderiere Veranstaltungen und engagiere mich im Beirat „Chancengleichheit“ der Universität zu Köln.

Die Stelle der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen war viele Monate vakant. In welchen Bereichen bringen Sie sich nun zu Beginn besonders ein, um dem Amt gerecht zu werden?

Zunächst möchte ich ausdrücklich Herrn Hans-Werner Lange, Präsident des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) und Vorsitzenden des Blinden- und Sehbehindertenverbands Niedersachsen (BVN), danken. Er war bis vor Kurzem der stellvertretende Vorsitzende des Landesbeirats für Menschen mit Behinderungen und hat während der gesamten Abwesenheit der Beauftragten den Beirat geleitet, moderiert und stand im engen Austausch mit den Mitgliedern und der Geschäftsstelle, der Stabstelle der niedersächsischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen. Auch referierte er in dieser Funktion auf diversen Kongressen und Veranstaltungen. Dieses ganz besondere Engagement von Herrn Lange schätze ich außerordentlich. Ihm gebührt mein ganzer Dank.

Zudem möchte ich dem Team der Stabstelle der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen meinen großen Dank und Respekt aussprechen. Das ganze Team mit unter anderem den zwei Referentinnen, Frau Sandra Stein als Abwesenheitsvertretung und Frau Friederike Knust als Leiterin der Schlichtungsstelle, haben die Vakanz sehr gut überbrückt. Es gab keinen Stillstand, sondern im Gegenteil, die Stabstelle war nach außen im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten immer sichtbar. Es wurden Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen, Richtlinien, Verordnungen u. ä. eingereicht. Die Gremien wie der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen und der Niedersächsische Inklusionsrat von Menschen mit Behinderungen oder das Niedersächsische Bündnis Persönliches Budget tagten fortwährend regelmäßig weiter. Es gab große Kongresse wie zum Beispiel die Inklusionskonferenz im Dezember letzten Jahres, welche von der Stabstelle gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung organisiert wurde. Veranstaltungen mit dem damaligen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung mit dem Titel „Digitale Teilhabe für alle – Perspektiven und Chancen für mehr Selbstbestimmung“ oder die gemeinsame Veranstaltung „Möglichkeiten zur Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention im Rahmen der Strukturfonds Niedersachsen EFRE- und ESF+“ mit der Verwaltungsbehörde des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung zeigten Außenwirkung.

Frau Stein war zudem in der gesamten Zeit im Flächenland Niedersachsen unterwegs und hielt diverse fachbezogene Reden, Grußworte sowie Präsentationen. Die Referentinnen vertraten die niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in diversen Gremien und Frau Stein engagierte sich u. a. bei den Konferenzen der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR).

Jetzt ist es meine Aufgabe, das Amt der niedersächsischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen in den Medien und der Presse sichtbarer zu machen. Ich möchte zu vielen Themen Stellung beziehen, mich positionieren und mit allen Akteurinnen und Akteuren zu den Themenfeldern Inklusion, Teilhabe und Selbstbestimmung zusammenarbeiten. Unser Internetauftritt wird aktualisiert, ein Landeskompetenzzentrum für Barrierefreiheit wird aufgebaut und hierfür in Kürze eine Leitung ausgeschrieben. Zudem ist es mir ein Herzensanliegen, in Präsenz mit Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Behinderungen ins Gespräch zu kommen. Dafür möchte ich gerne ab Sommer dieses Jahres „Präsenz-Besuchszeiten“ in den Räumlichkeiten der Stabstelle anbieten. Mir ist es wichtig, immer ein offenes Ohr für die Belange von Menschen mit Behinderungen und ihren Angehörigen zu haben, um bei Problemen gemeinsam Lösungswege zu finden.

Ich freue mich auf die neue Herausforderung in der Position der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen mit meinem ganzen Engagement „vieles möglich …“ zu machen.

Können Sie uns kurz schildern, vor welchen Aufgabenbereichen Sie als Beauftragte für Menschen mit Behinderungen für das Land Niedersachsen stehen? Wie sieht Ihre neue Rolle aus?

In erster Linie möchte ich für alle o.g. Akteure und Akteurinnen Gesprächspartnerin sein. Wichtig ist es für mich, herauszufinden, wo aktuell die Herausforderungen liegen. Warum hakt Inklusion an der einen oder anderen Stelle? Was sind mögliche Lösungswege? Ich möchte mich stark machen für noch mehr Inklusion und Teilhabe in Niedersachsen.

Ich möchte die Fortschreibung des Aktionsplans Inklusion des Landes gut begleiten. Damit habe ich sogar bereits angefangen, indem ich mich als designierte niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen auf der Inklusionskonferenz im Dezember 2023 vorstellen durfte. Hier hatte ich die Gelegenheit, diverse Themen der verschiedenen Handlungsfelder auch in der notwendigen Tiefe kennenzulernen. Gern stelle ich mich den Herausforderungen und möchte gemeinsam mit meinem Team Potenziale nutzen und Problemen lösungsorientiert begegnen.

In meiner Rolle als niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen bin ich ein Sprachrohr für die Menschen mit Behinderungen. Mir ist es ein besonderes Anliegen, mich auch für die Menschen mit Behinderungen einzusetzen, die in kleineren Gruppen oder Verbänden engagiert sind und keine große Lobby haben.

… Und dann natürlich Vernetzung, Vernetzung, Vernetzung... Ein Netzwerk kann nicht groß genug sein. Wir müssen viele Akteurinnen und Akteure zusammenbringen, wenn wir viel bewegen wollen. Wir dürfen keine Personen ausschließen, sondern müssen mit allen Gruppen von Menschen mit Behinderungen ins Gespräch kommen. Barrierefreiheit und Inklusion – das sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben sowie Querschnittsaufgaben aller Ressortbereiche.

Wir müssen wegkommen von dem defizitorientierten Bild von Behinderung, hin zu einem Bild der Bereicherung für die Gesellschaft und der Selbstbestimmung.

Dafür möchte ich Vorbild sein, Vorbild, was alles möglich ist. Für mich kann ich sagen, dass ich meine Behinderung nicht als Defizit wahrnehme. Ich bin dankbar, wie meine Umgebung mit meiner Behinderung immer selbstverständlich umgegangen ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich vom Typ her ein sehr positiver Mensch bin. Diese Einstellung möchte ich im Sinne des Empowerments weitergeben.

Nicht nur im Alltag, sondern auch in schweren Lebenssituationen ist es wichtig, den Herausforderungen, die eine Behinderung mit sich bringt, mit der notwendigen Sensibilität zu begegnen. Auch hierfür wurde ich durch meine eigene Biografie und meine Behinderung gestärkt. Ich möchte Menschen mit Behinderungen unterstützen mit all meinen Möglichkeiten und meiner Gestaltungskraft.

Sie waren zuvor am Paul-Ehrlich-Institut, dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, tätig. Wissenschaftlich fundierte Studien sind nicht nur im medizinischen Bereich essentiell, sondern auch in vielen anderen Belangen. Wie könnte eine wissenschaftliche Begleitung von Barrierefreiheit, Inklusion und Teilhabe aussehen? Ist diese aus Ihrer Sicht nötig? Sehen Sie dabei konkrete Projekt-Chancen?

Ja, selbstverständlich. Die wissenschaftliche Begleitforschung und Evaluationen von Projekten sind für mich sehr wichtig. Daher begrüße ich auch, dass die Aktionspläne Inklusion des Landes Niedersachsen von dem Deutschen Institut für Menschenrechte und der Prognos AG evaluiert wurden. Ergebnisse fließen nun in die Erarbeitung des neuen, nun schon vierten Aktionsplans ein. Diese Vorgehensweise begrüße ich sehr.

In meiner Vergangenheit habe ich viel mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit und ohne Behinderungen zusammengearbeitet (z.B. im Beirat für Chancengleichheit an der Universität zu Köln). Die Inklusionsprojekte wurden wissenschaftlich evaluiert. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse konnten teilweise sogar in die Sozialgesetzgebung einfließen. Eine solche Herangehensweise möchte ich, wo es möglich ist, im neuen Amt fortführen. Die Stabstelle der niedersächsischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen ist zum Beispiel Mitglied im Aktionsbündnis Teilhabeforschung und hier engagiert. Gerade die partizipative Teilhabeforschung, bei welcher Expertinnen und Experten in eigener Sache gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ohne Behinderungen forschen, ist mir ein wichtiges Anliegen.

Sie kennen Inklusion in der Arbeitswelt nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern Sie setzten sich damit berufsbedingt rechtlich auseinander. Welche Themen dazu finden Sie aus Ihrer Sicht als Juristin besonders spannend?

Im Rahmen von Nebentätigkeiten referiere ich zum SGB IX. Den Teil des Schwerbehindertenarbeitsrechts kenne ich dadurch sehr gut. Ebenso bin ich als Inklusionsbeauftragte täglich mit praktischen Fragestellungen zur Inklusion zum Beispiel aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz befasst. Ich kenne die Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben, angefangen von Beschäftigten aus dem einfachen Dienst bis hin zu Akademikerinnen und Akademikern. Besonders herausfordernd sind die oft nicht selbstverständlich verlaufenen Übergänge von der Schule zur Ausbildung, von der Schule ins Studium sowie von Ausbildung oder Studium in den Beruf. Der Leistungskatalog der Arbeitsagenturen zu Eingliederungshilfen und technischen Hilfestellungen sowie die Aufgaben der Integrationsämter sind mir bekannt. Betonen möchte ich, dass Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderungen ab dem frühesten Kindesalter wichtig sind, um Wege in das Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich zu machen. Um das zu schaffen, müssen alle Akteurinnen und Akteure eng zusammenarbeiten.

Die wichtigste Voraussetzung sind die Lehren, die auch das Land Niedersachsen aus der Staatenberichtprüfung ziehen muss. Deutschland wurde erneut hinsichtlich der Umsetzung der UN-BRK zum Thema Inklusion im vergangenen Jahr geprüft. Die Abschließenden Bemerkungen kritisieren Deutschland mit den noch bestehenden „Sonderstrukturen“. Auf der Grundlage dessen ist es wichtig zu ergründen, wie Inklusion in Niedersachsen noch besser umgesetzt werden kann. Essentiell ist es, nun Handlungsanweisungen aus den Abschließenden Bemerkungen auch für Niedersachsen abzuleiten.

Wichtig ist es mir, dass neue aber auch bestehende Gesetze kritisch auf Inklusion und Teilhabe geprüft werden, wir aber auch bei Forderungen immer die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten müssen.

Und was ist aus Ihrer Sicht wichtig für Niedersachsen im Bereich Inklusion in der Arbeitswelt?

Sehr wichtig ist mir das Thema „Inklusion in den Arbeitsmarkt“, welches ich auch in meinem neuen Amt zeitnah angehen möchte. Wir müssen Begegnungen schaffen zwischen Menschen mit Behinderungen, wie Werkstattbeschäftigten, und Arbeitgebenden wie großen, mittleren und kleinen Unternehmen. Dafür ist es wichtig, auf beiden Seiten etwaige Vorurteile abzubauen. Wir müssen dazu beitragen, dass noch mehr Menschen das Budget für Ausbildung und das Budget für Arbeit nutzen.

Ich war für das PEI Mitglied im UnternehmensForum, einem bundesweiten und branchenübergreifenden Zusammenschluss von Konzernen und mittelständischen Firmen, der sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen stark macht. Hier lassen sich auch für mein neues Amt Synergien und bestehende Netzwerke nutzen.

Wir vom BVN setzen uns seit Jahren für die Belange von Menschen mit Behinderungen, insbesondere Sehbehinderungen, ein. Wir führten einen langen Kampf ums Blindengeld und würden einen Nachteilsausgleich für hochgradig Sehbehinderte begrüßen. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Hochgradig sehbehinderte Menschen können in einigen Bundesländern Sehbehindertengeld bekommen. Das begrüße ich und würde mich auch für Niedersachsen dafür stark machen. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit, diese Forderung in den neuen Aktionsplan Inklusion zu schreiben.

Neben einem Sehbehindertengeld würde ich mich auch analog dazu für Gehörlosengeld und Hörgeschädigtengeld aussprechen.

Auf Bundesebene wird derzeit ja auch das sogenannte Teilhabegeld für Menschen mit Behinderungen diskutiert.

Wie barrierefrei empfinden Sie Niedersachsen? Wo sehen Sie Verbesserungspotenziale?

Diese Frage kann ich humorvoll beantworten: Als ich zu meinem Vorstellungsgespräch angereist bin, kam ich fast zu spät, da mehrere notwendige Aufzüge defekt waren …

Und jetzt im Ernst: Ich persönlich habe grundsätzlich gute Erfahrungen mit den Mobilitätsservices und insbesondere den Bahnhöfen Lüneburg und Hannover gemacht.

Wichtig ist mir aber, dass Barrierefreiheit nicht auf Mobilitätseinschränkungen reduziert wird. Barrierefreiheit ist mehr als das. Dazu gehören das Zwei-Sinne-Prinzip genauso wie eine kontrastreiche Gestaltung, die Leichte Sprache oder aber auch die psychosoziale Barrierefreiheit.

Ich unterstütze, dass die öffentlichen Schulen gesetzlich verpflichtet sind, allen Schülerinnen und Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen.

In diesem Zusammenhang ist nochmals zu begrüßen, dass ein Landeskompetenzzentrum Barrierefreiheit initiiert wird. Dies ist seit dem 1. Januar 2024 in der neuen Fassung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes gesetzlich normiert.

Haben Sie schon konkrete Vorhaben für dieses Jahr?

Ja, selbstverständlich. Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen wird mehrfach tagen, ebenso der Niedersächsische Inklusionsrat von Menschen mit Behinderungen, zudem auch das Bündnis Persönliches Budget. Ich werde in vielen Gremien mitarbeiten und Außentermine in Form von Reden und Grußworten wahrnehmen. Der Kalender ist schon gut gefüllt für dieses Jahr.

Was möchten Sie unseren Mitgliedern mitgeben?

Ihren Mitgliedern möchte ich mitgeben, dass Sie sich bei Fragen oder Anliegen gern an mich wenden können. Ich habe ein offenes Ohr für all Ihre Fragestellungen. Gemeinsam werden wir bei Herausforderungen nach Lösungswegen suchen.

Vielen Dank Ihnen für Ihre Fragen und das Gespräch!

Haben Sie vielen lieben Dank und alles erdenklich Gute und einen gelungenen Start in Ihr neues Amt!

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